
31.12.19 Wir fahren nach Kobe. Die Stadt am Meer mit einem der wichtigsten Häfen Japans verspricht Interessantes. Ab 1868 entwickelte sich Kobe durch den Druck der Amerikaner*innen international. Fremde siedelten sich u.a. im Stadtteil Kitano und im Nankin-machi (Chinatown) an. Aber Kobe ist keine klassische Tourismusdestination. Das merken wir am Bahnhof. Kein Touristcenter. D.h. wir nehmen erst einmal Quartier im Doutor, um zu recherchieren und natürlich um Kaffee zu trinken. Wir speichern einen Sightseeing-Plan auf einem Stick, um ihn in einem Combini auszudrucken. Das geht so mehr schlecht als recht – auf Fotoformat. Wir folgen den Schildern zum Hafen und landen in einer Tourist*innen-Kindermuseum-Shoppingmall mit Restaurants. Der Wind ist kalt und so treibt es uns in die Eingeweide dieses Konsummonsters. Vorbei an H & M und Zara gehen wir in den Keller und essen dort Rind, aber nicht Kobe-Rind, sondern eben Rind in Kobe;war aber gut. In der Mall finden wir dann auch in einem Infocenter schließlich einen Umgebungssplan. Los geht´s. Zuerst zum Meriken Park. Das zugehörige Museum hat zu. Denn bis zum 3.1. sind Ferien und seit gestern sind die Gehsteige ganz oder teilweise hochgeklappt.

Der Dachaufbau des Meeresmuseums erinnert an die Giebel eines japanischen Hauses. Ohne es recherchiert zu haben, bringe ich diese Architektur in Verbindung mit dem Hanshin Erdbeben im Jahr 1995, bei dem der Park zerstört wurde. Um an das Desaster zu erinnern, wurde ein Teil des Parks als „Gstetten“ belassen und dazu kann man im „Port of Kobe Earthquake Memorial Park“ eine Ausstellung besuchen, die mit Fotos das Ausmaß der Zerstörung dokumentiert. „Da ist ja wirklich nix“, meint P. Tja, und da war auch nix, außer Weite und Meer.
Dann geht´s weiter in angepriesene Chinatown, das sich im Wesentlichen auf eine Straße konzentriert durch die chinesischen Tourist*innen getrieben werden. 
Ein Restaurant neben dem anderen, wahlweise Pekingente oder DimSum und am Ende eine chinesische Friseurin. Auch wenn es mich gereizt hätte, zu überprüfen, ob die Pekingentenschnipsel, die eine schreiende Köchin grobmotorischen von Knochen befreit, in Geruch und Geschmack das Theater rechtfertigen: Ich hatte einfach keinen Hunger. Also weiter zum nächsten Spot.Wir queren die Bahngleise. Unter der Trasse wieder einmal ein Labyrinth an kleinsten Einkaufsstraßen.
Motokohtown
Geöffnet sind v.a. antiquarische Buch- und Schallplattenläden. Denn den Betreiber*innen unterstelle ich, dass ihnen Feiertage wurscht sind. Sie lieben das, was sie leben.

Peter Alexander um 100 Yen
Im Kitano-Viertel hat es mir ein Abbruchhaus angetan. Ich mag solche Häuser. Sie scheinen mir entspannt zu sein, nichts mehr vorgeben zu müssen, sondern nur noch stumm Vergangenes zu repräsentieren.

Nach unserer Rückkehr ist gegen Mitternacht ein Tempelbesuch so wie hier üblich geplant. Doch zuerst machen wir die Wäsche. Die anfängliche Euphorie über die eigene Waschmaschine verfliegt rasch, als wir feststellen, dass es sich eher um einen Mixer ohne Messer handelt. Eine „Waschkammer“ und eine „Schleuderkammer“ extra, die keine ganze Hose fasst und die so heftig arbeitet, dass das ganze Teil gehalten werden muss, weil es sonst über den Balkon ruckelt. Also „wasche“ ich alles in Teilen jeweils zwei Mal, spüle und schleudere einmal. Dann muss ich mich schon beeilen. Denn ich möchte alles im Coin Washer trocknen und der schließt um 23.30. Waschen, Trocken usw. wir verpassen Mitternacht. Hier gibt´s eben keine Pummering und keinen Countdown. Dann machen wir uns auf zum Tempel. Immer dem Glockenschlag nach. Wir finden den Kakurinji Tempel. Ein kleiner buddhistischer Tempel in der Nähe, etwas höher gelegen, als die Häuser ringsum. Auch hier ist alles organisiert und die Kommenden werden zum seitlichen Tor geschickt. Dort stellt man sich an, um die Glocke zu schlagen. Im Garten sitzen und stehen alte Menschen um ein Feuer und unterhalten sich. Die Luft riecht angenehm. Obwohl einige der Einheimischen sich beim Schlagen der Glocke gegenseitig fotografieren, nehme ich davon Abstand. Einerseits weil´s dem Augenblick nicht gerecht wird und andererseits, weil ich mit dem was zu tun ist, fast überfordert bin.
Als wir den Tempel verlassen, bekommen wir ein Geschenk. Nett.

Der Tempel bei Tageslicht und in aller Ruhe bietet Sehenswertes.

Bei jedem Tempel wacht ein mehr oder noch mehr grimmig blickender Mönch.
