Wir haben 2018 überlegt, ob wir lieber über eine Versicherung in eine Zusatzpension investieren sollen, oder ob es nicht doch sinnvoller wäre, eigenständig über ein Wertpapier-Portfolio für eine Absicherung zu sorgen. Berechnungen haben gezeigt, dass es im Fall einer Versicherung eher wahrscheinlich ist, insgesamt mehr einzuzahlen als dann ausbezahlt wird, es sei denn wir erleben ein wirklich hohes Alter. Der break-even-point wäre in unserem Fall bei etwa 110 Jahren gelegen. Und wir wären nach Abschluss eines Vertrags nicht mehr in der Lage, eigenständig etwas zu ändern. Deshalb haben wir uns zum Wertpapier-Portfolio entschieden. Nach einer doch steiler als erwarteten Lernkurve, läuft das mittlerweile sehr gut. Das Portfolio hat auch herbe Rückschläge wie den Corona-Crash oder auch den Wirecard-Skandal dank Diversifizierung sehr gut verkraftet. Nach drei Jahren bin ich noch mehr als zuvor davon überzeugt, dass wir uns für den richtigen Weg entschieden haben, unsere Altersvorsorge zu sichern.
Das zeigt auch der Blick ins Ausland, wo sogar staatlicherseits das Pensionssystem durch Wertpapier-Investments abgesichert werden soll:
In Deutschland schlägt die FDP vor, die gesetzliche Rente auf zwei Pfeiler zu stellen – das Umlagesystem und eine neue Aktienrente. Der gesamte Rentenbeitrag würde auch weiterhin 18,6 Prozent des Bruttolohns betragen, aber er würde aufgeteilt: 16,6 Prozent würden weiter ins Umlagesystem fließen, Beschäftigte und Arbeitgeber würden sich die Beiträge aufteilen.
Zwei Prozent des Bruttogehalts würden zudem in eine kapitalgedeckte Altersvorsorge fließen. Diesen Topf würde eine unabhängige öffentlich-rechtliche Stelle verwalten. Die Liberalen werben für die Aktienrente, schließlich würden die langen Anlagezeiträume für sie sprechen. Selbst kleine Einkommen würden so von Zinseszinseffekten profitieren und könnten „substanziell Vermögen“ aufbauen. Vor zwei Jahren forderte auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) eine kapitalmarktgedeckte Extrarente als Reform der privaten Vorsorge. Eine Studie des Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag des vzbv hatte gezeigt, dass die Verbraucher bei einem reinen Aktienportfolio ein Vielfaches an Rente bekommen könnten, vorausgesetzt, bei Finanzkrisen werde schnell umgeschichtet.
Für das Konzept spricht tatsächlich, dass an der Börse langfristig mehr Rendite zu holen ist als mit anderen Anlageformen. Wer sein Vermögen dort auf einen Zeitraum von rund 20 Jahren investiert, kann mit durchschnittlichen Renditen von acht bis zehn Prozent pro Jahr rechnen. Allerdings: Das sind die Erfahrungswerte aus der Vergangenheit. Ob die Entwicklung auch künftig so bleibt, ist immer mit einem Risiko verbunden.
Dennoch setzen andere Länder schon lange auf den Kapitalmarkt, wenn es um die Altersvorsorge geht, allen voran Schweden. Allerdings ist es schwer mit dem deutschen System zu vergleichen, weil es dort eine staatliche Grundrente gibt, die jeweils durch eine private und betriebliche Altersvorsorge ergänzt wird. 2,5 Prozent des Bruttolohns fließen in Schweden in den staatlichen AP7-Fonds, der weltweit investiert. Der Fonds wird öffentlich verwaltet, die Verwaltungsgebühren belaufen sich daher nur auf 0,11 Prozent der Beiträge – das ist vergleichsweise günstig. Im Schnitt kam der schwedische Staatsfonds in den vergangenen Jahren auf eine Rendite von mehr als 14 Prozent, was durchaus beachtlich ist. Seit seiner Gründung hat er im Schnitt eine Rendite von sechs Prozent.
Auch die Niederlande setzen auf die Börse, dort sind es allerdings die Betriebsrenten, die in der Regel über einen Fonds am Kapitalmarkt investiert werden. Ähnlich ist es in Norwegen, wo die Arbeitgeber mindestens zwei Prozent des Bruttolohns der Beschäftigten anlegen müssen. Auch hier investiert ein staatlicher Fonds in Aktienmärkte, allerdings übernehmen Banken und Geldinstitute das Management. Außerdem gibt es einen staatlichen Pensionsfonds, der den Norwegerinnen und Norwegern eine recht stattliche gesetzliche Rente von umgerechnet 1.600 Euro garantiert.
